Steuermann an Board!
Die Kommandobrücke nannten Franz und Hermann Öhler, einer der Gründer der Firma Kastner & Öhler. sowie Richard Kastner und dessen Bruder Albert ihren Lieblingsplatz mit Überblick.
„I geh`ins Gwölb!“
Der Bau großer, moderner Warenhäuser war Anfang des 20. Jahrhunderts in Europa en vogue, denn davor ging der Kunde ins Souterrain, also einen Halbstock tiefer, um seine Einkäufe zu erledigen. Die renommierten Architekten Ferdinand Fellner und Hermann Helmer gestalteten 1912/13 die mondäne Jugendstilhalle bei Kastner & Öhler und brachten damit Flair einer Metropole in die Grazer Innenstadt. Für ein Foto trafen sich die Eigentümer an ihrem Lieblingsplatz im ersten Stock, an der sogenannten Kommandobrücke. Der Stolz lässt sich aus den Gesichtern der Abgebildeten im feinen Zwirn ablesen!

State of the Art
Die neue Halle als Erweiterung des Kastner & Öhler-Warenhauses war spektakulär, der Blick in ihr Inneres eindrucksvoll. State of the Art war die Halle einer der modernsten in Europas, wo Warenhäuser einen Boom erlebten und mondän, mit einer reich verzierten Kuppel aus Buntglas-Einlagen, die für einen stimmungsvollen Lichteinfall sorgte. Die Menschen strömten in die „Große Halle“ oder verließen sie mit elegant verschnürten Päckchen auf dem Arm. Sie gaben einander die Türklinken in die Hand, grüßten, blieben stehen, weil sie etwas entdeckt hatten, nahmen die Treppe oder den modernen Lift in eines der oberen Stockwerke.

Tischtuch, Zwirn, Hut und Bügeleisen
330 Mitarbeiter bemühten sich um die Zufriedenheit der Kundschaft. Im ersten Stock standen die vier Herren am Geländer ihres Lieblingsplatzes und schauten ausnahmsweise nicht dem Treiben zu, sondern in die Linse des Fotografen. Normalerweise blickten sie auf den gesellschaftlichen Treffpunkt für das aufstrebende Bürgertum, allerdings aber nur selten gemeinsam. Oftmals war die Führungsriege nämlich höchstselbst der Kundschaft behilflich. So verkaufte beispielsweise Hermann Öhler einer Kundin eine Tischtuchware in den von ihr gewünschten Maßen für ein Kleid, damit auch sie mit einem eleganten Päckchen zufrieden das Haus verlassen konnte. Oder sie standen dort, weil so ein Warenhaus auch heute noch ein wenig wie ein großer Dampfer ist. Um ihn zu steuern, braucht es einen guten Überblick.

Die “große Halle” bei K&Ö
Als Erweiterung zum bestehenden Haus 1912/13 ebenfalls vom führenden Architektur-Atelier Fellner und Helmer erbaut, wird die neue Halle das Herzstück des Warenhauses. Mit zwei Personenliften, Lüftungsanlage, Rohrpost- und Eigenstromanlage mit drei Dieselmotoren und einem Erfrischungsraum mit Musik zählt Kastner & Öhler zu den modernsten Warenhäusern Europas.

Probieren es doch selbst aus
Seit der Wiederherstellung der imposant geschmückten Halle im Jahr 2010 kann man wieder am Geländer der mit Augenzwinkern „Kommandobrücke“ getauften Galerie stehen. Mit dem kleinen Unterschied, dass du dort jetzt auch ein Glas Champagner trinken kannst. Und vielleicht triffst du sogar Martin Wäg, der sich genauso freut wie einst sein Urgroßvater Richard Kastner, dass es diese schöne Halle für seine Kunden gibt.